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Beitrag vom 13.05.2009
Oi Va Voi - Travelling The Face Of The Globe
Tatjana Zilg
Die britisch-jüdische Band meldet sich mit dem dritten Album zurück. Ihre Musik erhält eine hohe Intensität durch das virtuose Spiel der Rock-Violinistin Anna Phoebe. Steve Levi an der Klarinette...
... nutzt alle Möglichkeiten seines Instrumentes und die neue Leadsängerin Bridgette Amofah krönt die außergewöhnliche Mixtur mit einer ausdrucksstarken Soul-Stimme.
Vor fünf Jahren überraschten Oi Va Voi mit ihrem Debut "Laughter Through Tears" Musikkritik und HörerInnenschaft gleichermaßen. Der allererste Eindruck, hervorgerufen durch das Instrumenten-Line-Up und durch die Herkunft der Bandmitglieder, forderte eine Zuordnung zur Weltmusik heraus, doch was die sechs jungen Leute boten, sprengte alle Genre-Grenzen. Der Daily Telegraph gab ihnen deshalb das Prädikat "One Of The Most Exciting Band´s In Britain Today".
Ihre Songs verbinden Elemente aus dem Klezmer, mit dem sie von klein auf vertraut sind, mit den turbulenten, tief ins Blut gehenden Rhythmen des Balkan Beat und vielen weiteren Goodies aus der globalen Musik-Zeitgeschichte. Diese transferieren sie in Pop- und Rockumgebungen, die keinesfalls nur für die World Music-Disco geeignet sind, sondern schon vielfach als ausgesprochen clubtauglich bezeichnet wurden.
Für die Gesangs-Parts, die oft als Erkennungszeichen für die Individualität einer Band angesehen werden, baten sie bisher einige SängerInnen mit großartigen Stimmen ans Mikrofon wie K.T. Tunstall und Alice McLaughlin. Ihr Hit "Juri" aus dem zweiten Album "Oi Va Voi" (2007) wurde jedoch von Gründungsmitglied NiK Ammar persönlich gesungen. Nachdem ihr bisheriges Label V2 kurz nach der Release von Universal aufgekauft wurde und in der alten Struktur nicht mehr existierte, entschieden sie sich, fortan in Eigenregie zu veröffentlichen.
Auf "Travelling The Face Of The Globe" bringen einige talentierte Gesichter frischen Wind in das Konzept von Oi Va Voi. Für die lebhaften Bläser-Töne ist nun der Trompeter David Orchant verantwortlich, der dem Sound ein Quäntchen Jazz-Esprit hinzufügt. Auf fast allen Songs ist die Stimme von Bridgette Amofah zu hören, die schon zuvor ab und an im Studio der Sound-Jongleure vorbeischaute. Vor drei Jahren war sie zum ersten Mal Gastsängerin bei Oi Va Voi. Die Violinen-Künste von Anna Phoebe, die in ihrer Biographie unter anderen über hundert Auftritte als Violinistin im Line Up der Rock-Veteranen Jethro Tull notieren kann, verleihen zudem allen zwölf Songs das ganz besondere gewisse Etwas.
Die faszinierende Vielfalt von Oi Va Voi kann in ihrer instrumentalen Purheit auf dem Song mit dem bezeichnenden Titel "Magic Carpet" erlebt werden. Ohne Gesangszusätze macht sich die Klarinette auf zu einer rasanten Reise durch eine Drum´n´Bass Umgebung, die durch Trompete und orientalische Percussion zu einem spannungsgeladenen Abenteuer wird. Wie die Klezmer - typischen Instrumente Klarinette, Violine und Akkordeon mit der Soul-Stimme von Bridgette Amofah perfekt harmonieren können, beweist sich besonders im Namensgeber des Albums "Travelling the face of the globe", das gleichzeitig mit einer einprägsamen Hookline besticht. Ein fröhlicher, Reggae angehauchter Rhythmus dringt aus "Dusty world" hervor, wo sich Bridgette´s Stimme in Motown-Gefilde begibt und gegen Ende auf ein optimistisches Pfeifen trifft. Etwas melancholischer wird es im Anschluss mit dem balladesken "Foggy day", wenn sich Soul-Timbre in eine gezupfte Akustik-Gitarren-Melodie schmiegt. Von berührender Trauer getragen zeigt sich der in Jiddisch gesungene Song "S´brent", der von einem Traditional aus den Dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts inspiriert wurde und über den Schrecken erzählt, den die Ältesten empfanden, als sie auf eine in Flammen aufgehende Stadt zurückblickten.
Weiterhören: Di Grine Kuzine
Oi Va Voi im Netz: Myspace und www.annaphoebe.com
AVIVA-Tipp: Mit ihrem neuen Album halten Oi Va Voi, was sie mit den Vorgänger-Alben versprachen. Ungewöhnliche Sound-Ideen werden zu Kompositionen verwoben, die alle Nuancen von harmonisch sanft bis energetisch wild abdecken. Darunter finden sich wieder zahlreiche Tanzflächen-Stimmungsmacher mit dominanten Bläsern, rockiger Violine und entdeckungsfreudiger Klarinette. Spielerisch und intuitiv gehen sie mit den Stilmitteln aus der jüdischen Kultur um, die die Mehrheit der Bandmitglieder seit ihrer Kindheit begleitet. Durch die Stimme von Bridgette Amofah bekommt die musikalische Welt der globalen BritInnen zudem eine exquisit beschwingte Note.
Oi Va Voi
Travelling The Face Of The Globe
Label: Oi Va Voi Recordings, Alive, VÖ Mai 2009